Barrierefreiheit am Zornedinger Bahnhof – Theorie und Praxis

Handlauf am Treppenabgang in Zorneding (Foto: AEZ)

Die Handläufe an den Treppen der Unterführung am Bahnhof Zorneding sind eigentlich für Behinderte nicht zweckmäßig konstruiert, weil sie viel zu kurz sind und deshalb erst direkt über der ersten Treppenstufe beginnen.
(Foto: Verein „Das Alter erleben in Zorneding“)

Ursula Kühlbrandt vom Verein „Das Alter erleben in Zorneding e.V.“ bat mich aus aktuellem Anlass (S-Bahn-Zugtaufe am 19.7.2015 in Grafing am Bahnhof) um Veröffentlichung des nachfolgenden Beitrags zum Thema Barrierefreiheit am Bahnhof Zorneding:

Barrierefreiheit bei der Bahn – Theorie und Praxis

Heute feiert die Bahn ein Fest – eine Zugtaufe mit Landkreis-Prominenz, einem Gewinnspiel und einem „bunten Rahmenprogramm für Groß und Klein“.
Was auf den ersten Blick schön klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Marketing-Event, das der Bahn Sympathien einbringen soll: „Die Bahn macht mobil.“, „Die S-Bahn München bringt Ihren Ort in Fahrt.“

Wenn man diese Slogans auf die viel gepriesene Barrierefreiheit anwendet, wird schnell deutlich, wie der Anspruch der Bahn und die Praxis auseinanderklaffen.

· Auf der Bahn-Website www.deutschebahn.de findet sich folgende Definition:
Barrierefreie Bahnhöfe sind (…) so gebaut und ausgestattet, dass ALLE Reisenden den Zugang zum System Bahn nutzen können. Die ursprüngliche Zielgruppe von Menschen mit langfristigen körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen wurde kontinuierlich ausgeweitet und umfasst heute alle Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, beispielsweise auch Senioren und Kunden mit Kinderwagen, Fahrrädern oder Gepäck.“

· Unter dem Menüpunkt „Infrastrukturelle Barrierefreiheit“ heißt es:
„Um mobilitätseingeschränkten Reisenden den uneingeschränkten Zugang zum Bahnsystem zu ermöglichen, sind am Bahnhof infrastrukturelle Anpassungen notwendig.“ – u. a. der stufenfreie Zugang zum Bahnsteig durch Aufzüge oder Rampen. „Gemäß der deutschen Normen zur Barrierefreiheit (DIN 18024/18040) ist eine Rampe mit maximal 6 % Neigung zulässig und muss mind. alle 6 Meter mit Zwischenpodesten ausgestattet sein.

· Der Menüpunkt „Rahmenbedingungen Barrierefreiheit“ enthält u. a. den Link zu einer EU-Richtlinie über „eingeschränkt mobile Personen im transeuropäischen Eisenbahnverkehr“. Darin ist u. a. festgeschrieben:
Im Fall von Treppen müssen Handläufe mindestens 300 mm über die oberste und unterste Stufe hinausgehen. (…) Wenn keine Aufzüge vorhanden sind, müssen für PRM (= eingeschränkt mobile Personen, Anm. der Verfasserin), die keine Treppen benutzen können, Rampen bereitgestellt werden. Die Rampen müssen dieeuropäischen oder nationalen Vorschriften erfüllen.

Soweit die Theorie.
Wie sieht nun die Praxis am S-Bahnhof Zorneding aus?

Handlauf am Treppenabgang in Zorneding (Foto: AEZ)

Die Handläufe an den Treppen der Unterführung am Bahnhof Zorneding sind eigentlich für Behinderte nicht zweckmäßig konstruiert, weil sie viel zu kurz sind und deshalb erst direkt über der ersten Treppenstufe beginnen.
(Foto: Verein Das Alter Erleben in Zorneding)

· Statt über die oberste und unterste Stufe hinauszuragen, sind die Handläufe kürzer als Beginn und Ende der Treppe! Dies führt bei Personen, die auf den Handlauf angewiesen sind, zu Unsicherheit und kann Stürze zur Folge haben.

· Die vorhandene Rampe zum Bahnsteig (auf der Pöringer Seite 170 m, auf der Zornedinger Seite 300 m lang) und ohne Zwischenpodeste ist für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen nicht oder nur mit großer Mühe zu meistern.

Dennoch behauptet der Regionalbereichsleiter Süd der DB Station&Service AG in einem Antwortschreiben an „Das Alter erleben in Zorneding e.V.“: „Die Verkehrsstation des Bahnhofs Zorneding ist bereits barrierefrei.“ Ist es zu fassen?

Ursula Kühlbrandt, Das Alter erleben in Zorneding e.V.

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